Die Geschichte

50 Jahre Verkehrskadetten in Deutschland

Verkehrskadetten gibt es seit über 50 Jahren in Düsseldorf. Als Projektstadt wurde hier 1972 der erste Verband Deutschlands gegründet. Noch heute spricht man bei der Übernahme des Schweizer Grundkonzeptes vom „Düsseldorfer Modell“; seit den Siebzigern wurden auf dessen Basis Verkehrskadetten-Verbände auch in anderen deutschen Städten geschaffen.

Die Geschichte hinter der Geschichte

In der Schweiz existieren bereits nach dem Ersten Weltkrieg „Kadettenkorps“, die sich mehr und mehr von militärischen Kaderschmieden zu Jugendorganisationen nach modernen Maßstäben entwickeln. So kann man durchaus und trotz unterschiedlicher geschichtlicher Hintergründe Vergleiche zu den bekannten Pfadfinder-Organisationen ziehen. Die ursprünglich vormilitärische Ausbildung fällt in der Schweiz dann aber nach und nach weg. Die Bezeichnung „Kadett“ bleibt. Trotz allem lassen sich in der Schweiz noch heute die besondere Tradition im Ausbildungskonzept und zum Teil auch im Sprachduktus erkennen.

Kadetten mit besonderem Aufgabenbereich – Verkehrskadetten in der Schweiz

1953 wohnt die Kadettengruppe von Heinrich Guggenbühl, dem späteren Vater der Schweizer Verkehrskadetten, während eines Ausfluges einem schweren Unfall bei. Um die Arbeit der Rettungskräfte zu unterstützen, die durch den nur noch zähfließenden Verkehr und Schaulustige ernsthaft behindert ist, lässt Guggenbühl die Kadetten weiße Armbinden anlegen und den Verkehr großräumig rund um die Unfallstelle regeln. So ermöglichen die Kadetten die reibungslose An- und Abfahrt der Einsatzfahrzeuge.

An diesem Tag entstehen die „Verkehrskadetten“, Kadetten mit besonderer Aufgabe, spezieller Ausbildung und Uniform. Zunächst vor allem im Zürcher Oberland aktiv, überspannt die Schweiz bald ein Netz von Verkehrskadettenkorps, die an den Wochenenden den Verkehr an Knotenpunkten durchleiten oder durch die Dörfer führen. Guggenbühls Idee von der Ausbildung Jugendlicher zu verantwortlichen Helfern im Straßenverkehr erhielt große Resonanz.


Ein Ehrenamt auf dem Weg nach Deutschland

Im Mai 1970 setzen sich die Verkehrskadetten in der Schweiz endgültig als Jugendorganisation durch. Die Organisation der Verkehrsführung bei einem Musikfestival in der Gemeinde Wetzikon durch die Verkehrskadetten bewirkt, dass ein von der Polizei erwartetes Verkehrschaos ebenso ausbleibt wie die befürchtete Ausschreitungen unter den 14.000 größtenteils jugendlichen Festivalbesuchern. Die Polizei, die sich im Hintergrund gehalten hatte, muss somit nicht eingreifen: Rund 7.000 Fahrzeugen ebnen die Verkehrskadetten an diesem Tag den Weg auf dem beengten Gelände.

Der Vorsitzende des Ordnungs- und Verkehrsausschusses der Stadt Düsseldorf, Ratsherr Hermann-Josef Müller, wohnt dem Spektakel in der Schweiz bei und ist begeistert. Zurück in Deutschland berichtet er dem Vorstand der Verkehrswacht Düsseldorf von der Arbeit der Schweizer Kadettenkorps. Die Idee einer Einrichtung von Verkehrskadetten in Deutschland stößt dabei nicht auf offene Ohren. Der quasimilitärische Charakter der „Korps“, das Wort „Kadett“, Angst vor gesetzlichen Hürden und vermutete Akzeptanzprobleme seitens der Bevölkerung lassen den Vorstand die Idee „vertagen“.

Müller aber bleibt hartnäckig. Mit dem wiederholten Hinweis auf die Verbesserung der Verkehrssicherheit überzeugt er schließlich Vorstandsvorsitzenden Kurt Dreist davon, sich die Arbeit der Verkehrskadetten in der Schweiz selbst anzuschauen, um so einen besseren Eindruck vom Potential der Organisation gewinnen zu können. Mit einer großen Abordnung fliegen Dreist, Vorstandsmitglied Dr. Paul Hilland, der damalige Polizeipräsident von Düsseldorf Horst Jäger, Vertreter der Stadt sowie vom nordrhein-westfälischen Innenministerium in die Schweiz. Viel Überzeugungsarbeit muss von den Schweizern nicht geleistet werden, schnell ist klar, welches Potential hinter der Idee steckt.

Die erste Ausbildung

1972 werden die ersten Jugendlichen im Düsseldorfer Pilotprojekt zu Verkehrskadetten ausgebildet. Zusammen mit einigen Jung-Johannitern aus Ratingen fahren zu Ostern insgesamt 30 Verkehrskadetten-Anwärter in die Schweiz, um sich in der Arbeit auf der Straße unterweisen zu lassen.
Nach täglicher, einwöchiger Ausbildung absolvieren die ersten deutschen Verkehrskadetten nach bestandener Prüfung ihren ersten Einsatz noch vor Ort.

Die StVO

Seit 1972 werden die Düsseldorfer Verkehrskadetten im gesamten Regierungsbezirk eingesetzt. Auch in anderen Städten nehmen Verkehrskadetten-Verbände ihre Arbeit auf; 1992 gelingt es die Verkehrskadetten unter § 42 mit dem Zeichen Nr. 356 in der Straßenverkehrsordnung (StVO) zu verankern.

Anfangs skeptisch beäugt, fordern die verschiedenen Polizeidienststellen und der Ordnungsdienst der Stadt die Verkehrskadetten immer häufiger an. Die Entwicklung geht so weit, dass der Einsatz der „jugendlichen Verkehrshelfer“ oftmals zu den Veranstaltungsauflagen gehört.

Verkehrshilfe nach dem Jahrtausendwechsel

Seit dem Jahr 2001 tragen die Düsseldorfer Verkehrskadetten moderne Einsatzuniformen. Die ursprünglichen Uniformmodelle, die aus der Schweiz übernommen wurden, kommen mittlerweile nur noch teilweise in der Ausbildung zum Einsatz.

Darüber hinaus unterscheiden sich die Verkehrskadetten in Düsseldorf in mehreren Aspekten von ihren schweizerischen Kollegen: Da in Deutschland die vormilitärischen Traditionen weitgehend fehlen, entwickeln sich die Verkehrskadetten in Düsseldorf eher zu einem Dienstleistungsunternehmen. Hier geht es nicht um Geld: Unter dem Dach der Verkehrswacht Düsseldorf engagieren sich die Jugendlichen nach wie vor ehrenamtlich für die Verkehrssicherheit. Auch die „Arbeit abseits der Straße“ – die Jugendarbeit mit der Organisation von Fahrten, Ausflügen und weiteren Freizeitangeboten – hat wenig mit Unternehmenspolitik zu tun.

Dennoch zeigt sich eine Professionalisierung bei den Verkehrskadetten: Mit dem wachsenden Verkehrsaufkommen und der zunehmenden Komplexität der Verkehrsinfrastruktur in den Großstädten steigen sowohl das Arbeitsvolumen als auch der Aufwand in der Verkehrsführung. Heutzutage zählen, neben der praktischen Tätigkeit auf der Straße, die Planung und Koordination des Verkehrsmanagements bei Großveranstaltungen, die Entwicklung integrativer Verkehrsleitkonzepte und die Einsatzleitung zu den zentralen Kompetenzen.